Das Magazin des Zweiten Deutschen Fernsehens liefert tagesaktuelle Nachrichten, gut recherchierte Hintergrundberichte und Interviews mit Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Mit U-Bahn, Bus oder Fähre zur Arbeit oder zum Sport. Die Fahrgäste lehnen sich zurück, die am Steuer tragen die Verantwortung. Wer sind die Menschen, die uns täglich an unser Ziel bringen? Mandy steuert sechs Tage die Woche einen Bus durch Berlin, Marcela die U-Bahn durch München, und Markus und Jürgen bringen ihre Fähre oft 16 Stunden am Tag von einem Ufer ans andere und wieder zurück. Eine monotone Arbeit oder eine, die sie erfüllt? Mandy meint, es reiche schon, wenn die Fahrgäste mehr lächelten. Die 26-Jährige sitzt seit vier Jahren am Steuer eines Busses in Berlin und führt damit eine Familientradition fort: erst der Grossvater, dann der Vater, nun sie. Lieber wäre dem Vater gewesen, die Tochter hätte 'etwas Ordentliches gelernt', erzählt sie. 'Eigentlich wollte ich Lkw fahren. In die Ferne. Irgendwohin weg.' Der Familie und ihres Partners wegen ist es dann doch die Stelle bei den Berliner Verkehrsbetrieben geworden. Wegen ihres Schichtdienstes geben Mandy und ihr Freund sich im Alltag oft nur die Klinke in die Hand: Er kommt nach Hause, sie schläft bereits oder andersherum. Manchmal habe sie nur fünf Stunden Schlaf und gleichzeitig die Verantwortung für die Fahrgäste im chaotischen Stadtverkehr. Und trotzdem: Mandy liebt ihren Job und die Herausforderung. Wie sehr der Schichtplan das Privatleben bestimmt, spürt auch Marcela (37). Die Mutter einer Tochter im Kindergartenalter navigiert täglich einen Münchner U-Bahn-Zug durch die endlos erscheinenden, spärlich beleuchteten Tunnel. Ein besonderer Beruf, der die gelernte Modeschneiderin stolz macht. Aber einer, der ihr gleichzeitig einiges abverlangt – eingespannt zwischen der Fahrerkabine und einem Kind, das von der Kita abgeholt werden muss und auch mal krank ist. Gerade dann erfährt Marcela, was die U-Bahn-Fahrer ausmacht: 'Eine Hand wäscht die andere.' Man hält zusammen, wenn jemand ausfällt. Beginnt Marcelas Schicht, taucht sie ab: 'Man ist in einer anderen Welt da unten. Die Einsamkeit in der Fahrerkabine verträgt nicht jeder.' Für sie ist es ein Durchatmen. Dafür nimmt sie in Kauf, dass die Augen empfindlich werden, wenn sie erst zum Feierabend wieder das Tageslicht sieht. Fährmann Jürgen (33) trägt bei seiner Arbeit unter freiem Himmel in Neckarhausen Sonnenbrille und Kurzarmshirt. Zumindest an den guten Tagen. Aber auch bei Kälte und Regen muss er seine Passagiere von der badischen auf die hessische Seite des Neckars bringen oder zurück. Einen Unterstand gibt es nicht. 'Wenn du den Job machst, kannst du nicht normal sein', hiess es von seinen Freunden, als er beschloss, die Ausbildung zum Fährmann zu machen. Der gelernte Stuckateur steht dazu: Er mag die Verantwortung, die Natur und dass jeder Tag etwas Neues bringt. 'Früher war's die einzige Möglichkeit, über den Fluss zu kommen. Da hatte der Fährmann eine besondere Stellung, und die hat er heute auch noch', erzählt sein Kollege Markus. Aber der alte Glanz der Fährmänner schwindet. Es ist schwer, Nachwuchs zu finden. In Urlaub zu fahren oder krank daheimzubleiben, ist fast unmöglich. 'Du kannst nie abschalten', sagt Markus (45). Er habe erst gehadert, den Job zu übernehmen, obwohl schon sein Urgrossvater die Fähre lenkte. Erst vor wenigen Jahren wurde aus dem gelernten Zimmermann ein Fährmann. Die Menschen danken es ihm und seinem Kollegen Jürgen. Mit Worten, mit Trinkgeld und mit ihrem Vertrauen. 'Manche Leute erzählen dir hier ihre tiefsten Gefühle', sagt Jürgen. 'Die wissen, was hier auf der Fähre gesprochen wird, bleibt auf der Fähre.' Die Busfahrerin fährt zuverlässig die immer gleichen Stationen an. Der U-Bahn-Fahrerin geben die Gleise die Route vor. Der Fährmann pendelt bei Wind und Wetter zwischen den Haltestopps. Was monoton und simpel aussieht, wird zum täglichen Kraftakt. '37°' erkundet genau diese Meisterschaft zwischen zehrenden Schichten und freundschaftlichen Begegnungen und rückt damit jene ins Rampenlicht, die oft übersehen werden, obwohl sie alltägliche Begleiter vieler Menschen sind. Die '37°'-Sendung steht am Sendetag ab 8.00 Uhr in der ZDFmediathek zur Verfügung.
Nie zuvor arbeiteten so viele Menschen im Homeoffice wie während der Pandemie. Harald Lesch zeigt, was die Wissenschaft und wir aus diesem unfreiwilligen Grossexperiment gelernt haben. Mehr als zwei Jahre Pandemie, die Hoffnung ist gross, diese Zeit endlich hinter uns lassen zu können. Doch die Krise hat auch neue Möglichkeiten eröffnet: Mobiles Arbeiten könnte den Alltag vieler nachhaltig verändern. Liegt darin die Chance auf ein besseres Leben? Vor der Pandemie war der Alltag der meisten Arbeitnehmer klar getaktet: früh aufstehen, sich zurechtmachen, zur Arbeit gehen. Mit dem Lockdown wurden viele jäh aus dieser starren Routine herausgerissen: Plötzlich galt die Pflicht zum Homeoffice. Die Bilanz dieser Erfahrung ist gemischt: Umfragen zufolge wollen mehr als zwei Drittel der Arbeitnehmenden, die im Homeoffice gearbeitet haben, gern weiterhin zumindest zum Teil mobil arbeiten. Häufig wird die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Grund genannt. Ein Fünftel allerdings bewertet das Arbeiten von zu Hause aus überwiegend negativ. Welche Lehren hat die Wissenschaft über die Vor- und Nachteile des Homeoffice gezogen? Für Forschende auf dem Gebiet der Chronobiologie war die Pandemie ein regelrechter 'Glücksfall', ein Experiment im grossen Massstab. In ihrem Fokus steht, ob die flexiblere Arbeitszeitgestaltung Auswirkungen auf den individuellen Biorhythmus und damit auch auf Körper und Seele haben kann. Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit sich ein positiver Effekt einstellt? Eine Kehrseite des Homeoffice kennt die Psychologie bereits: Wenn der persönliche Umgang mit Kolleginnen und Kollegen fehlt, droht Vereinsamung. Die Folgen können dramatisch sein: In Japan, wo die Zahl der Singlehaushalte besonders hoch ist, stieg während der Pandemie die Zahl der Selbstmorde so stark an, dass die Regierung Sofortmassnahmen gegen die Vereinsamung beschloss. Auch in Deutschland zeigen Umfragen, dass besonders unter 18- bis 30-Jährigen das Problem der sozialen Isolation angestiegen ist. Lässt sich aus dieser Erfahrung für die Zukunft lernen? Tatsächlich könnten neue Konzepte im Wohnungs- und Städtebau ganz neue Begegnungs- und Kommunikationsmöglichkeiten schaffen. Selbst, wenn virtuelle Begegnungen den persönlichen Kontakt nicht ersetzen können, liegen auch darin Chancen. Wünschenswert wäre hierfür eine virtuelle Welt, die als möglichst lebensnah empfunden wird. Avatare – virtuelle Doppelgänger – könnten sich stellvertretend für uns im virtuellen Raum begegnen. Technisch ist inzwischen schon vieles möglich, doch es fehlt noch an wichtiger Grundlagenforschung zur Akzeptanz der Avatare. Am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften wird erforscht, wie sich unsere Reaktion auf virtuelle Stellvertreter messen lässt. Diskutieren wir schon bald ganz selbstverständlich mit Avataren im virtuellen Office? Harald Lesch zeigt, welche Lehren wir aus der Krise für unseren Arbeitsalltag ziehen können – und welche Chancen die Pandemie auf eine bessere Zukunft eröffnet hat.
Markus Lanz spricht in seiner Talkshow mit seinen Gästen über aktuelle und gesellschaftlich relevante Themen – unterhaltend und journalistisch hintergründig.